1.  Der Verwaltungsausschuss beschließt, die Beschlussfassung zu den Anregungen der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange sowie von privater Seite gemäß den vorliegenden Abwägungsvorschlägen und den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 65 I „Wiefelstede-Borbeck, Erweiterung“ zu vertagen.

 

2.  Der Verwaltungsausschuss beauftragt die Verwaltung, innerhalb der Ortschaft Borbeck nach geeigneten Alternativflächen zu suchen.

 


 

Frau Werschinin, Planungsbüro Diekmann, Mosebach & Partner, erläutert die überarbeitete Planung und die Abwägungsvorschläge ausführlich anhand der beigefügten Präsentation. Es hätten sich keine wesentlichen Änderungen, sondern lediglich ein paar redaktionelle Anpassungen ergeben.

 

Ausschussmitglied Weden erklärt, dass kein Bürger das Recht habe einzufordern, dass alles so bleibt wie es ist. In diesem Fall sei rechtlich alles korrekt. Die Frage sei jedoch, ob die Planung auch politisch gewollt sei. Die SPD-Fraktion lehne die Planung wegen des Landschaftsverbrauchs in Richtung Haaren und damit in Richtung des Naturschutzgebietes „Mansholter Holz und Schippstroth“ ab, da hiermit die umgebenden freien Flächen weiter eingeengt werden würden. Er frage sich, was beispielsweise mit der Erweiterungsfläche passiere. Die geplante Siedlung sei keine innerörtliche Abrundung des Ortsbildes. Er verweist auf die Lärmproblematik wegen der gegenüberliegenden Baumschule und erinnert an ein ähnliches Planvorhaben in Wiefelstede, das seinerzeit wegen der direkt angrenzenden Staudengärtnerei eingestellt wurde. In fast allen Kommunen fehle es an Bauland. Aber nicht jede Fläche, die angeboten werde, mache Sinn. Er bezeichnet die vorliegende Planung als Briefmarkenplanung mit einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Es sei noch Zeit, einzuhalten. Es gebe die Möglichkeit eines Grunderwerbs an anderer Stelle mit einer besseren Planung. Die SPD-Fraktion beantrage daher, das Bauleitplanverfahren zur  Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 65 I auszusetzen und die Verwaltung zu beauftragen, innerhalb des Ortes Borbeck nach alternativen Flächen zu suchen und deren planerische Realisierbarkeit zu prüfen. Die SPD-Fraktion sei bereit, ihren Antrag als Antrag aus der Mitte des Ausschusses zu betrachten.

 

Die Sitzung wird unterbrochen, um den anwesenden Betroffenen die Gelegenheit zu geben, sich zu der Planung zu äußern.

 

Frau Susanne Bürig weist darauf hin, dass sie als Naturschützerin und für die Bewohner des geplanten Baugebietes spreche. Erdkröten seien entgegen der Ausführungen des Planungsbüros streng geschützt. Das Plangebiet sollte von einem erfahrenen Biologen untersucht werden. Ohne Wanderwege gebe es keine Fortpflanzung. Sie vermutet in dem Plangebiet noch weitere Amphibienarten. Die Politik könne die Zeichen der Zeit erkennen. Der BUND sehe die Sache genauso. Das Plangebiet sei außerdem ein Nahrungshabitat für Schwalben, die ebenfalls streng geschützt seien. Der Zeitpunkt der Biotoptypenkartierung sei falsch gewählt worden. Es seien weitergehende Untersuchungen notwendig. Die Untere Naturschutzbehörde habe ihr gegenüber auf telefonische Anfrage erklärt, dass sich ihre Aussage ausschließlich auf die vom Planungsbüro vorgelegte Biotoptypenkartierung stütze. In der letzten Bau- und Umweltausschusssitzung sei suggeriert worden, dass ein Fachmann das Gebiet untersucht habe. Man sei in die Irre geführt worden. Eine Verschiebung der Nachtzeit sei rechtlich wohl in Ordnung. Sie frage sich jedoch, was mit der Bewässerung in einem trockenen Sommer sei. Den neuen Bürgern würden durch den Lärm Nachteile entstehen. Die geplante Straßenverbreiterung verursache hohe Kosten und höhere Geschwindigkeiten.

 

Herr Michael Möller stimmt den Ausführungen von Ausschussmitglied Weden zu. Er kenne die Lärmproblematik aus eigener Erfahrung. Es würden sich andere Grundstücke innerhalb des Ortes anbieten. Politiker seien Vertreter des Volkes. Sie müssten daher die Interessen des Volkes vertreten. Der öffentliche Dienst sei Diener des Volkes und müsste daher dem Volk dienen.

 

Ende der Sitzungsunterbrechung.

 

Ausschussmitglied Bruns erklärt, dass man sich das Plangebiet vor Ort angesehen habe. Wohnraum sei knapp und die Immobilienpreise entsprechend hoch. Die Fläche stehe der Gemeinde zur Verfügung. Eine bauliche Entwicklung sei dort möglich. Auch seine Fraktion sei für einen sparsamen Umgang mit Fläche. Der vorhandene Wendehammer in der Holtwiese grenze unmittelbar an das Plangebiet. Dies zeige, dass man seinerzeit bereits die Idee gehabt habe, dass es dort mit der Wohnbebauung weitergehen könne. Eine Bebauung ohne Einfluss auf die Natur sei nicht möglich. Die FDP-Fraktion sei für eine sanfte Entwicklung in den dörflichen Ortsteilen. Man sehe sich als Volksvertreter, müsse als solcher aber auch die Interessen derer berücksichtigen, die in den dörflichen Orten und nicht in den Hauptorten bauen wollen. Er sehe in der Gemeinde auch wegen der Belange der Landwirtschaft nur wenige für Wohnungsbau geeignete Flächen. Das Planungsbüro habe die eingegangenen Stellungnahmen sauber abgearbeitet. Trotz der Bedenken spreche er sich für die Planung aus.

 

Ausschussmitglied Teusner erklärt, dass seine Fraktion das Verfahren von Anfang an kritisch begleitet habe. Die Zweifel wurden nicht ausgeräumt sondern verstärkt wegen der Lärmproblematik, den notwendigen archäologischen Ausgrabungen, der mangelhaften naturschutzfachlichen Untersuchungen, insbesondere der fehlenden Kartierung der Amphibien und Fledermäuse, der Zufahrt über die Holtwiese, die Gefährdung der Kinder und des Verlustes landwirtschaftlicher Flächen. Und obwohl rechtlich alles in Ordnung sei, habe die politische Bewertung innerhalb seiner Fraktion ergeben, dass die jetzige Situation im Zweifel unverändert bestehen bleiben solle.

 

Ausschussmitglied Kruse spricht sich ebenfalls für eine Entwicklung in den Dörfern aus, aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Nachtruhe für die Anwohner könne hier nicht eingehalten werden. Eine Festsetzung, dass die Fenster zur Straßenseite hin nicht zu öffnen sein dürften, sei absurd. Seiner Auffassung nach hätte im Frühjahr eine Kartierung durchgeführt werden müssen. Es fehle außerdem an der Planung der Verkehrsführung. Die UWG-Fraktion sage deshalb Nein zur Planung.

 

FDL Quathamer weist darauf hin, dass die monierte Festsetzung zur Abschirmung des Verkehrslärms nicht unüblich sei und bereits mehrfach in Bebauungspläne aufgenommen wurde.

 

Ausschussmitglied Osterloh weist darauf hin, dass man sich das Plangebiet ebenfalls vor einiger Zeit angesehen habe. Sie vertraut den Aussagen des Planungsbüros und der Verwaltung. Der bestehende Wendehammer zeige, dass die Erweiterung seinerzeit bereits geplant war. Zum angesprochenen Flächenverbrauch merkt sie an, dass die Kompensation des Eingriffs in die Natur nicht über die Inanspruchnahme weiterer Flächen, sondern über ein Ökokonto (Anmerkung: Kompensationsflächenpool „Renaturierung der Halfsteder Bäke“) ausgeglichen werde. Bei der angesprochenen Alternativfläche handele es sich im Übrigen um wertvolles Ackerland. Sie schlägt vor, die Faunistische Kartierung nachzuholen und die Angelegenheit bis dahin zu vertagen. Grundsätzlich sei man für die Planung.

 

Ausschussmitglied Schröder macht deutlich, dass sich alle um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern würden. Rechtlich sei bei der Planung seiner Meinung nach eben nicht alles in Ordnung. Die Planung eines allgemeinen Wohngebietes an freier Strecke sei ambitioniert. Für den Baumschulbetrieb müssen der Bestand und die Erweiterungsmöglichkeit gewährleistet sein. Bei Lärm und Geruch gebe es keinen Bestandsschutz. Der Schutzanspruch vor Lärmimmissionen würde durch die heranrückende Wohnbebauung ansteigen. Die Belastung durch den Verkehrslärm sei bereits sehr hoch. Der Bebauungsplan sei daher lärmtechnisch nicht umsetzbar. In dem angrenzenden Mischgebiet wären außerdem weitere Gewerbebetriebe möglich, die als Lärmquelle berücksichtigt werden müssten. Er werde daher gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 65 I stimmen.

 

Hinweis: Das nächstgelegene Mischgebiet befindet sich gemäß Bebauungsplan Nr. 65 an der Bremerstraße rechts neben der ehemaligen Genossenschaft. An das Plangebiet unmittelbar grenzt ein allgemeines Wohngebiet, die Siedlung Holtwiese an.

 

Ausschussmitglied Weden berichtet, dass eine der beiden Alternativflächen von der Eigentümerin zu einem marktüblichen Preis angeboten werde.

 

Ausschussvorsitzender Nacke übergibt den Vorsitz an Ausschussmitglied Osterloh.

 

Ausschussmitglied Nacke erklärt, dass in der heutigen Sitzung wohl keine Mehrheit für die Aufstellung des Bebauungsplanes zustande kommen werde. Die Frage sei nun, was nach einer Verschiebung komme. Vielleicht sollte man das Verfahren besser stoppen. Er teile die rechtlichen Bedenken von Ausschussmitglied Schröder nicht. Die Lösung der Lärmproblematik sei schließlich mit dem Landkreis Ammerland und der Landwirtschaftskammer im Vorfeld abgestimmt worden und er glaube nicht, dass man in der Lage sei, die Sache besser beurteilen zu können. Er weist darauf hin, dass der Betreiber der Baumschule im Verfahren keine Bedenken gegen die Planung geäußert habe. Die vorgeschlagenen Festsetzungen zum Lärmschutz seien nicht unüblich und immer noch besser als ein hoher Lärmschutzwall an der Borbecker Landstraße. Jeder, der dort baue, tue dies freiwillig. In Niedrigenergiehäusern seien im Übrigen nicht zu öffnende Fenster und Lüftungsanlagen Standard. Die heutige Entscheidung sei somit rein politischer Natur. Die vorgeschlagenen Alternativen könnten vom Bau- und Umweltausschuss in der heutigen Sitzung nicht beschlossen werden. Die Beratung sollte daher verschoben werden.

 

Ausschussvorsitzender Nacke übernimmt wieder den Vorsitz.

 

Ausschussmitglied Weden erinnert daran, dass es hier um die Planung für die Entwicklung eines Dorfes gehe. Für ihn ist die Prüfung von Alternativen sehr wohl Angelegenheit des Bau- und Umweltausschusses.

 

BM Pieper ist der Auffassung, dass das Weihrauch-Gelände wegen der Nähe zur Baumschule konsequenterweise als Alternative dann ebenfalls wegfalle. Eine Verschiebung des Beschlusses sei möglich. Zusätzlich könne der Verwaltungsausschuss die Verwaltung beauftragen, nach Alternativflächen zu suchen.

 

Ausschussvorsitzender Nacke schlägt vor, zunächst über eine Verschiebung abzustimmen und dem Verwaltungsausschuss anschließend vorzuschlagen die Verwaltung zu beauftragen, die Alternativflächen zu überprüfen.

 

Ausschussmitglied Teusner will eine endgültige Entscheidung und schlägt daher vor, in der heutigen Sitzung über die Ablehnung der Aufstellung des Bebauungsplanes abstimmen zu lassen.

 

Ausschussmitglied Schröder wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht sachgerecht argumentiert zu haben. Das Problem sei, dass das Plangebiet außerhalb der Ortschaft liege.

 

Herr Diekmann, Planungsbüro Diekmann, Mosebach & Partner, stellt klar, dass die Entscheidung wo und wie geplant werden soll, Angelegenheit der Politik sei. Sein Büro hatte den Auftrag, einen Bebauungsplan für die Erweiterung des Baugebietes Holtwiese zu erarbeiten. Hierbei musste man sich naturgemäß mit den Fachbehörden abstimmen, ob die Planung vom Grunde her haltbar sei. An oberster Stelle stehe hierbei der Artenschutz, der schon manche Planung habe scheitern lassen. Die Planung sei mit dem Landkreis Ammerland als Unterer Naturschutzbehörde abgestimmt. Eine Faunistische Kartierung sei demnach nicht erforderlich. Im Bebauungsplan seien verschiedene Maßnahmen zur Minderung und zum Ausgleich des Eingriffs in die Natur getroffen worden. Es gäbe sicherlich andere Standorte mit leichteren Planungsbedingungen. Die Notwendigkeit des Lärmschutzes bzw. der Verschiebung der Nachtzeit für die Bewässerung in der Baumschule bestehe aber schon jetzt, völlig unabhängig vom Bauleitplanverfahren. Er hebt noch einmal hervor, dass man sich innerhalb des fachlichen Rahmens bewege. Es sei alles sauber abgearbeitet und dargestellt worden.

 

Es ergibt sich eine Diskussion über verschiedene Anträge zur Änderung bzw. Ergänzung des Beschlussvorschlages an deren Ende man sich auf zwei Anträge einigt, über die anschließend abgestimmt wird.

 

Zum 1. Antrag ergeht mit 9 Ja-Stimmen und 2 Nein-Stimmen der nachfolgend aufgeführte Beschlussvorschlag.

 

Zum 2. Antrag ergeht einstimmig der nachfolgende Beschlussvorschlag.