Der Bau- und Umweltausschuss beschließt, den Antrag der SPD-Fraktion, einen neuen Flächennutzungsplan für das Gebiet der Gemeinde Wiefelstede erstellen zu lassen, von der Tagesordnung zu nehmen.

 


 

BM Pieper erinnert daran, dass ein ähnlicher Antrag der SPD-Fraktion in 2012 abgelehnt wurde.

 

Ausschussmitglied Schröder erklärt, dass die SPD-Fraktion das Erstellen eines neuen Flächennutzungsplanes für das Gebiet der Gemeinde für notwendig erachte. Den Antrag wolle man jedoch aufgrund der Kosten wegen der finanziellen Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise ruhen lassen.

 

Ausschussmitglied Kuck zeigt sich überrascht, zumal für den Antrag die heutige Sitzung extra anberaumt worden sei. Man hätte sich die heutige Sitzung sparen können. Sie kritisiert in diesem Zusammenhang, dass über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nichtöffentlich im Verwaltungsausschuss beraten wurde.

 

BM Pieper hält entgegen, dass er in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses angeboten habe, den Antrag in die Abwägung einfließen zu lassen. Von dieser Möglichkeit habe die Fraktion jedoch keinen Gebrauch gemacht.

 

Ausschussvorsitzender Nacke übergibt den Vorsitz an Ausschussmitglied Osterloh.

 

Ausschussmitglied Nacke stimmt seiner Vorrednerin zu. Die heutige Sitzung wäre nicht notwendig gewesen. Es sei richtig, den Antrag ruhen zu lassen. Die Frage sei, ob die Gemeinde gesetzlich verpflichtet sei, den Flächennutzungsplan neu aufzustellen. Er weist darauf hin, dass der Landkreis aktuell sein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) überarbeite. Das Ergebnis sollte zunächst abgewartet werden.

 

Ausschussvorsitzender Nacke übernimmt wieder den Vorsitz.

 

Ausschussmitglied Bruns erklärt, dass seine Fraktion zur Abstimmung bereit gewesen wäre. Man hätte dem Antrag nicht zugestimmt. Auch für ihn stellt sich die Frage, ob die Gemeinde in Zugzwang sei.

 

Ausschussvorsitzender Nacke schlägt vor, sich zunächst den Vortrag des Planungsbüros anzuhören.

 

Herr Janssen, NPW, erläutert den gesetzlichen Rahmen, die kommunale Ausgangslage und die Planungsinstrumente für die Gemeindeentwicklung einschließlich deren Vor- und Nachteile ausführlich anhand der in der Anlage beigefügten Präsentation. Die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplanes komme in Niedersachsen kaum noch vor. Die Gemeinden hätten Flächennutzungspläne gemäß § 1 Abs. 3 BauGB nur dann aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sei. Dies sei eine hoheitliche Entscheidung der Gemeinde. Flächennutzungspläne hielten im Allgemeinen deutlich länger als 10 bis 15 Jahre. Vorrang habe zudem die Innenentwicklung. Bereits auf der Flächennutzungsplanebene sei eine Kompensation des Eingriffs in die Natur erforderlich, obwohl die Planung noch gar nicht konkret umgesetzt wurde. Die Gemeinde Edewecht habe anstelle einer Neuaufstellung des Flächennutzungsplans lediglich eine Neufassung vorgenommen und ein Gemeindeentwicklungskonzept erarbeitet und vom Rat beschließen lassen. Auch die Gemeinde Wiefelstede habe in den letzten Jahren sektoral und anlassbezogen Entwicklungskonzepte erstellt. Nach Auffassung von Herrn Janssen sollte der Flächennutzungsplan inklusive der inzwischen erfolgten Änderungen neu gefasst werden (digitale Neuzeichnung auf aktueller Plangrundlage). Eine Anpassung an das RROP des Landkreises sei ohnehin notwendig.

 

Anschließend vergleicht Herr Janssen die Vor- und Nachteile der möglichen Vorgehensweisen. Er weist darauf hin, dass aufgrund der Höhe des Honorars das Erstellen eines neuen Flächennutzungsplanes europaweit ausgeschrieben werden müsse. Eine solche Neuaufstellung erfordere einen umfangreichen Umweltbericht und sei nur bei einer fundamentalen Neuordnung einer Gemeinde notwendig. Laut gängiger Kommentierung könne die Gemeinde nicht dazu gezwungen werden. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit lag in der Vergangenheit bei 7 Jahren. § 13 a BauGB habe den Flächennutzungsplan als Steuerungsinstrument quasi ausgehebelt.

 

Frau Reichenbach und Herr Janssen geben anhand der in der Anlage beigefügten Präsentation ein paar kommunale Beispiele, die sie in den vergangenen Jahren begleiten durften, darunter auch das Vorgehen der Gemeinde Edewecht.

 

Herr Janssen macht deutlich, dass die Gemeinde nicht gehindert sei, parallel zur Überarbeitung des RROP eigene Ziele zu entwickeln. Für das Entwickeln von Entwicklungskonzepten sollten geeignete Formen der Bürgerbeteiligung gefunden werden.

 

Ausschussmitglied Kuck bedankt sich für den informativen Vortrag und bittet
Herrn Janssen um Auskunft, wie er die Nachhaltigkeit der Planung sehe und ob es möglich sei, die Kompensationsflächen auszuweisen.

 

Ausschussmitglied Bruns hält entgegen, dass man soweit noch gar nicht sei. Er verweist auf die hohen Kosten und sieht seine Bedenken bestätigt. In der Praxis könne die Gemeinde nur Flächen überplanen, die dafür zur Verfügung stehen. Ein neuer Flächennutzungsplan berge die Gefahr, dass die Grundstückspreise steigen und Investoren auf der Matte stehen. Er sei daher für städtebauliche Konzepte. Wenn die Gemeinde nicht gezwungen sei, den Flächennutzungsplan neu aufzustellen, sollte sie es lassen.

 

Herr Janssen, NWP, schlägt vor, im ersten Schritt lediglich den Flächennutzungsplan neu zu fassen, um ein technisch sauberes Bild zu erhalten. Anschließend könne man die Zukunft planen.  Aktuell gehe es mehr um die Steuerung der Innenentwicklung, wie das Beispiel Rastede zeige, weniger um die Entwicklung großer neuer Wohnbauflächen. Informelle Konzepte könnten sich mit den verschiedensten Themen befassen. Ein Flächennutzungsplan sei nie fertig, es werde immer Änderungen geben. Und es gebe immer Entwicklungen, die nicht vorhersehbar waren, wie beispielsweise die anlassbezogene Entwicklung des Gewerbegebietes in Westerholtsfelde (Ansiedlung Edeka). Auch die Entwicklung der Betriebe in den dörflichen Ortsteilen sei nicht vorherzusagen. Es gehe dann weniger um Entwicklung als um Bestandspflege. Die Gemeinde Wiefelstede fange nicht bei Null an. Die bestehenden Flächen werden lediglich arrondiert. Besser sei daher eine sektorale oder anlassbezogene Planung.

 

Ausschussmitglied Schröder hält es für den falschen Ansatz, die Planung von der Verfügbarkeit der Flächen abhängig zu machen. Er fragt, ob bekannt sei, wie lange das Überarbeiten des RROP noch dauern werde und ob der Landkreis hierzu schon einen Entwurf vorgelegt habe. Herrn Janssen bittet er, das Gegenstromprinzip zu erklären. Die Politik müsse sich Gedanken darüber machen, wie sich die Gemeinde entwickeln solle. Eine Planung, die auf eine Innenentwicklung abziele, sei besser, da sie einen geringeren Eingriff in die Landwirtschaft darstelle.

 

Herr Janssen, NWP, macht deutlich, dass sich die Festlegung von Flächennutzungen auf die Bodenpreise auswirke. Deshalb sei ein informelles Konzept zu bevorzugen, da es Nutzungen nicht verbindlich festlege. Eine Neuaufstellung sei rechtlich und aus städtebaulicher Sicht nicht erforderlich. Für den dazu gehörenden Umweltbericht seien umfangreiche Kartierungen des Bestandes an Biotoptypen notwendig. Ein Gemeindeentwicklungskonzept sei quasi lediglich der Vorentwurf. Zum angesprochenen Gegenstromprinzip erklärt Herr Janssen, dass der Landkreis Leer beispielsweise die Ziele der Gemeinde in das RROP aufgenommen habe.

 

FDL Quathamer erklärt, dass die Überarbeitung des RROP sich verzögert habe und nun voraussichtlich 2023 abgeschlossen werden soll. Ein Programmentwurf sei den Gemeinden noch nicht vorgelegt worden.

 

Ausschussmitglied Kruse sieht ebenfalls eine schwierige finanzielle Lage auf die Gemeinden zukommen. Er fragt daher nach den Kosten für eine Neufassung. Er schlägt vor, zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe zu bilden.

 

Herr Janssen, NWP, erklärt, dass es in solchen Fällen üblich sei, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zu bilden, die Ziele für die Gemeindeentwicklung erarbeite. Diese müssen von der Breite der Bevölkerung mitgetragen werden. Hier biete sich beispielsweise ein Bürgerworkshop an. In der Gemeinde Edewecht hätten beispielsweise ca. 80 Personen an einer Öffentlichkeitsbeteiligung teilgenommen.

 

FDL Quathamer berichtet, dass die Kosten im Jahr 2012 gemäß damaligem Angebot bei rd. 9.000 Euro gelegen hätten.

 

BM Pieper spricht sich dafür aus, den vorliegenden Antrag ruhen zu lassen. Es müsse jedoch grundsätzlich entschieden werden, was dargestellt werden soll und welche Themen aufgenommen werden sollen.

 

Ausschussvorsitzender Nacke weist daraufhin, dass der SPD-Antrag auf der heutigen Tagesordnung stehe. Außerdem liege der Antrag von Ausschussmitglied Schröder vor, den Antrag ruhend zu stellen.

 

Ausschussmitglied Schröder schlägt vor, den Antrag von der heutigen Tagesordnung zu nehmen und die vorgeschlagene Neufassung des Flächennutzungsplanes als Anregung mitzunehmen.

 

Es ergeht einstimmig folgender Beschluss: