Betreff
Breitbandausbau im Landkreis Ammerland
Vorlage
B/0102/2014
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

Der Rat der Gemeinde Wiefelstede nimmt die Ausführungen zum Breitbandausbau im Ammerland zur Kenntnis und beschließt sich an der Variante „Optimierter Ausbau“ zu beteiligen. Für die Haushaltsjahre 2015, 2016 und 2017 werden je 136.000 € für diese Maßnahme zur Verfügung gestellt.

 

Für das Haushaltsjahr 2014 werden überplanmäßig 13.500 € für die Beauftragung eines externen Beraters zur Erstellung einer Strukturplanung, um rechts- und planungssichere Ausschreibungsunterlagen zu erhalten, eingeplant. 

  


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

Am 26.03.2014 haben sich die Bürgermeister(in) und der Landrat über den Stand der aktuellen Versorgung mit hochleistungsfähigen Breitbandnetzen im Landkreis Ammerland informiert. Der Grundstein zum Aufbau der vorhandenen Fiber To The Curb (FTTC)- Struktur wurde seit 2011 von den Gemeinden/der Stadt mit Fördermitteln aus dem Konjunkturpaket II, der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gelegt. Bei dieser FTTC-Struktur handelt es sich um die Ertüchtigung von Kabelverzweigern (KVZ) bzw. deren Überbau und die Verlegung von Glasfaserleitungen bis zu den KVZ. Durch diese Maßnahmen sind im Ammerland Ende 2014 ca. 73 % der Wohneinheiten mit Übertragungsraten bis zu 50 Mbit/s versorgt, wobei sich diese Raten für einzelne Wohneinheiten mit zunehmender Entfernung vom KVZ deutlich verringern, da die sogenannte „letzte Meile“ weiterhin aus den vorhandenen Kupferleitungen besteht.

 

Da der FTTC-Ausbau für eine spätere weitere Glasfaseranbindung bis in die Gebäude erforderlich ist (Fiber To The Home, FTTH, Fiber To The Building, FTTB), wurde einvernehmlich der weitere FTTC-Ausbau als zukunftsfähige Breitband-Strategie für das Ammerland für erforderlich gehalten. Es herrschte Einmütigkeit dahingehend, diesen schon fortgeschrittenen Ausbau der Netzbetreiber/Dienstanbieter von Breitbandzugängen gemeinsam zu beschleunigen und soweit erforderlich auch finanziell zu unterstützen.

 

Ein Großteil der noch nicht versorgten Wohneinheiten im Landkreis Ammerland kann innerhalb eines Zeitraums von ca. 3 Jahren mit entsprechender Breitbandtechnologie erreicht werden. Dadurch werden bei den Kunden Geschwindigkeiten von bis 50 Mbit/s im Downstream und bis zu 10 Mbit/s im Upstream erreicht. Für diese Maßnahme werden flächendeckend im Landkreis weitere Kabelverzweiger  benötigt.

 

Die Kosten je Kabelverzweiger betragen zwischen 33.000 € und 35.000 €. Da die Gemeinden nicht die erforderliche Finanzkraft haben, die geschätzten Zuschüsse in Höhe von 4,5 Mio. Euro zu leisten, ist an eine Solidarfinanzierung gedacht, bei der sich die Gemeinden/Stadt und der Landkreis diese Kosten hälftig teilen. Um die unterschiedlichen Vorleistungen der Gemeinden/Stadt fair anzuerkennen schlagen die Hauptverwaltungsbeamten vor, dass die Gemeinden/Stadt die jeweiligen Wirtschaftlichkeitslücken für die in ihrem Gebiet liegenden KVZ schließen und der Landkreis sich mit 50 % an den Kosten beteiligt. 

 

Für den Ausbau ergeben sich zwei Szenarien:

 

Vollausbau

Im Vollausbau werden im Landkreis Ammerland rund 50.100 Wohneinheiten (Gemeinde Wiefelstede 2.785 Wohneinheiten) erreicht. Dafür werden 196 weitere Kabelverzweiger benötigt. Auf die Gemeinde Wiefelstede würden bei dieser Variante 31 Kabelverzweiger entfallen. Ausgehend von einem Durchschnittspreis von 34.000 € je Kabelverzweiger und einer Beteiligung des Landkreises zur Hälfte ergeben sich für die kommenden drei Jahre Kosten von insgesamt: 31 KVZ * 17.000 € = 527.000 €.

 

Optimierter Ausbau

Beim optimierten Ausbau werden rund 49.400 Wohneinheiten im Landkreis Ammerland (Gemeinde Wiefelstede 2.708 Wohneinheiten) erreicht. Dazu werden 134 weitere Kabelverzweiger benötigt. Auf die Gemeinde Wiefelstede entfallen bei dieser Variante 24 Kabelverzweiger. Somit würden sich für die kommenden 3 Jahre insgesamt Kosten von 24 KVZ * 17.000 € = 408.000 € ergeben.

 

Im Ergebnis ist der optimierte Ausbau in der Gemeinde Wiefelstede um 119.000 € günstiger als der Vollausbau. Beim optimierten Ausbau werden 88 Wohneinheiten weniger erreicht als beim Vollausbau. Von diesen 88 Wohneinheiten verfügen allerdings bereits zum jetzigen Zeitpunkt 62 Wohneinheiten über einen Breitbandanschluss mit einem Downstream von bis zu 16 Mbit/s. Vor dem Hintergrund der hohen Kosten für das Erreichen der übrigen 88 bzw. 26 Wohneinheiten, ist aus wirtschaftlichen Gründen der optimierte Ausbau zu empfehlen.

 

Der Landkreis stellt zur Finanzierung noch zwei weitere Möglichkeiten vor, deren Umsetzbarkeit seitens des Landkreises allerdings negativ bewertet werden:

 

Staatliche Förderung

Nach der aus kommunaler Sicht für die ländliche Entwicklung besonders interessanten Priorität 6 der niedersächsischen ELER- Förderung für die Periode 2014 bis 2020 „Soziale Inklusion, Armutsbekämpfung und wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Gebieten“ (Entwurf Nachfolge PROFIL) soll in Niedersachsen mit dem Ausbau von Breitbandinfrastruktur in ländlichen Gebieten eine flächendeckende Grundversorgung von mindestens 30 Mbit/s erreicht werden. Insgesamt werden im Rahmen dieser Priorität 40 Mio Euro für den Breitbandausbau eingeplant. Zusätzlich zu diesen Mitteln sollen 10 Mio Euro weiterhin aus der GAK- Förderung sowie weitere 10 Mio Euro aus dem schon bekannten EFRE zur Verfügung gestellt werden, so dass sich in Niedersachsen eine fondsübergreifende Gesamtfördersumme von 60 Mio Euro für den Breitbandausbau für den Zeitraum von 2014 bis 2020 ergibt. Der Niedersächsische Landkreistag hat gegenüber der Landesregierung in seinen Stellungnahmen zu den operationellen Programmen zur EU- Förderung dargestellt, dass diese Förderplanung keinesfalls ausreichend ist, um die gewünschte flächendeckende Versorgung im Breitbandbereich sicherzustellen und erheblich größere Anstrengungen seitens der Landesregierung in Sachen Breitbandausbau angemahnt.

 

Auch erscheint es nicht als unwahrscheinlich, dass es Regionen mit einer schlechteren Versorgung als im Ammerland gibt und diese Regionen eventuell bevorzugt Fördermittel zugewiesen bekommen.

 

Da ein zeitnaher FTTC-Ausbau als erster Schritt zur deutlichen Verbesserung des Breitbandausbaus im Ammerland sowohl wegen der o. g. geringen Mittelausstattung als auch des langen Vorlaufs bis zu einer Mittelvergabe mit dieser Förderung wenig realistisch erscheint, ist dieser Ausbau wohl nur mit Unterstützung der Netzbetreiber mit kommunalen Mitteln realisierbar.

 

Kommunale Förderung

Bei einer Förderung mit kommunalen Mitteln für den Aufbau einer NGA-Infrastruktur im Ammerland sind europäische Vorschriften zwingend einzuhalten. Jede finanzielle Unterstützung von Unternehmen durch die öffentliche Hand (Bund, Länder, Kommunen) ist wettbewerbsrechtlich zunächst ein Eingriff in den freien Markt; die Förderung von Investitionen in Breitbandinfrastruktur wäre eine Beihilfe aus öffentlichen Mitteln, die den Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, welcher selektiv ist und den Wettbewerb verfälscht bzw. droht, ihn zu verfälschen. Beihilfen - auch wenn sie ausschließlich aus kommunalen Mitteln gewährt werden sollen - sind deshalb auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anhand Artikel 107 Abs. 3 c) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu prüfen (Notifizierung durch die Europäische Kommission).

 

Grundsätzlich könnte der Landkreis Ammerland der Europäischen Kommission eine eigene Richtlinie über das Land Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland zur Notifizierung vorlegen. Experten des Breitband Kompetenz Zentrums Osterholz prognostizieren jedoch schon allein wegen des formal einzuhaltenden Behördenweges eine Zeitspanne bis zur Notifizierung von mindestens 12 Monaten, so dass das Ziel eines zeitnahen Ausbaus in weite Ferne rücken würde. Zudem raten die Experten von einem solchen Notifizierungsverfahren, das der Landkreis Rotenburg/Wümme als bundesweit einziger Landkreis erfolgreich durchlaufen hat, dringend ab. Angesichts der Tatsache, dass am 28.02.2014 die von Bund, Ländern und Kommunen anzuwendende „Rahmenregelung der Bundesregierung zur Unterstützung des Aufbaus einer flächendeckenden Next Generation Access (NGA)-Breitbandversorgung“ bei der Europäischen Kommission zur Notifizierung eingereicht worden ist, würde ein Antrag auf eine weitere kommunale Richtlinie nachrangig bearbeitet werden und voraussichtlich auch aussichtslos sein.

 

Die „Rahmenregelung der Bundesregierung zur Unterstützung des Aufbaus einer flächendeckenden NGA-Breitbandversorgung“, mit deren Notifizierung das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Frühsommer 2014 rechnet, ermöglicht das Schließen einer Wirtschaftlichkeitslücke durch Fördermaßnahmen (§ 6) und ist insoweit geeigneter Rahmen für die Umsetzung der ins Auge gefassten Ziele.  Probleme bereiten derzeit allerdings die Beschreibung der unterversorgten Zielgebiete entsprechend § 2 Abs. 2 der Rahmenregelung und die Zielgrößen zur Erreichung einer Bandbreite von mindestens 30 Mbit/s für 95 % aller Haushalte und zur Erreichung einer Bandbreite von mindestens 50 Mbit/s für 75 % aller Haushalte im Download. Dies würde wegen der in ländlichen Gebieten zum Teil sehr langen „letzten Kupfermeile“ nur durch einen vollständigen Glasfaserausbau bis in das Gebäude (FTTB, FTTH) oder bei Verlegen von Glasfaserkabeln zur Ertüchtigung der KVZ (FTTC) nur mit zusätzlich zu errichtenden KVZ erreicht werden können. Diese Versorgungsgrade der Rahmenregelung haben schon dazu geführt, dass viele Landkreise – auch der Landkreis Ammerland - in Niedersachsen über den Niedersächsischen Landkreistag gefordert haben, mit der Rahmenregelung auch die Unterstützung des FTTC- Ausbaus zu ermöglichen. Auch ist noch unklar, ob der Bund und/ oder das Land Niedersachsen nach der Notifizierung eventuell weitergehende Vorgaben zur Rahmenregelung machen werden.

Um rechts- und planungssichere Ausschreibungsunterlagen zu erhalten, ist im ersten Schritt die Beauftragung eines externen Beraters für die Erstellung einer Strukturplanung erforderlich. Die Kosten in Höhe von max. 150.000,00 € sollen ebenfalls gemeinsam getragen werden. Für die Gemeinde Wiefelstede belaufen sich die anteiligen Beratungskosten auf ca. 13.500 € (ermittelt anhand der benötigten KVZ für die Gemeinde Wiefelstede).     


Finanzierung:

Für das Haushaltsjahr 2014 werden überplanmäßig 13.500 € für die Beauftragung eines externen Beraters zur Erstellung einer Strukturplanung, um rechts- und planungssichere Ausschreibungsunterlagen zu erhalten, eingeplant.