Betreff
Auswirkungen der Beitragsfreiheit im Kindergarten und der Änderungen der Einschulungsmodalitäten im Nds. Schulgesetz / Änderung der Richtlinie zur Gebührenregelung
Vorlage
B/1055/2018
Aktenzeichen
FB II-FBL Le
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

 

Der Rat der Gemeinde Wiefelstede beschließt die Richtlinie zur Gebührenregelung in den Kindertagesstätten der Gemeinde Wiefelstede, wie im Entwurf in der Ausschusssit­zung für Generationen und Soziales am 10.04.2018 vorgelegt, mit Wirkung ab 01.08.2018.

    


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

 

Das Land Niedersachsen wird zum 01.08.2018 die Beitragsfreiheit im Kindergarten für Kin­der ab dem vollendeten dritten Lebensjahr im Umfang bis zu 8 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche einführen. Diese Neuerung wird im Nds. Gesetz über Tageseinrichtungen für Kin­der (KiTaG) detailliert aufgenommen und festgeschrieben werden.

 

Bislang war in Niedersachsen nur das letzte Kindergartenjahr vor Schuleintritt gebührenfrei und das Land zahlte den Kommunen einen Pauschalbetrag von monatlich 120 bzw. 160 Euro (bei Vormittagsplatz bzw. Ganztagsplatz) pro Kind als Ersatz für die fehlenden Elternbei­träge. Für die Gemeinde Wiefelstede ergab sich aus dieser Regelung jährlich ein kommunal zu tragendes Defizit von ca. 70.000 Euro.

 

Als Ausgleich für die wegfallenden Elternbeiträge aller Kindergartenkinder ab August 2018 wird das Land anstelle der bisherigen Pauschalerstattungen die Finanzhilfe für das Fachperso­nal für Kindergartenkinder erhöhen. Für das kommende Kindergartenjahr 2018/2019 soll der erhöhte Finanzhilfesatz 55% der anerkannten Fachpersonalkosten betragen. Bis zum Kindergartenjahr 2021/2022 soll dieser Erstattungssatz jährlich um 1% steigen, so dass dann dauerhaft 58% gezahlt werden sollen. Für die Gemeinde Wiefelstede wird dadurch jährlich ein weitaus grö­ßeres Defizit entstehen als bislang.

 

Für einen ausreichenden Ausgleich der wegfallenden Elternbeiträge wäre für Wiefelstede ein 60% Satz notwendig, dabei eingerechnet die Inanspruchnahme des Einsatzes der wirtschaftli­chen Jugendhilfe des Landkreises, die bislang mit ca. 40.311,96 € (=1,68 % der Summe des Fachpersonalkostenzuschuss des Landes) die Kindergartenbeiträge für Eltern mit geringem Familieneinkommen übernimmt.

 

Erwartetes zusätzliches Defizit in den folgenden Kindergartenjahren ohne Einrechnung von Personalkostensteigerungen (s. hierzu auch Aufstellung in der Anlage):

 

2018/2019                          ca. 165.000,00 Euro

2019/2020                          ca. 141.000,00 Euro

2020/2021                          ca. 117.000,00 Euro

2021/2020                          ca.   93.000,00 Euro

 

Die letztgenannte Defizitsumme gilt dann auch für die Folgejahre, jedoch ohne weitere Aus­weitung der Betreuungskapazitäten. Nicht eingerechnet ist hier die Beitragsausfallsumme für die beitragsfreien 50 Kindergartenkinder in der neuen Kindertagesstätte der AWO in Metjendorf. Hier ist nochmal von Mindereinnahmen/Defiziten in Höhe von ca. 50.000,00 Euro jährlich auszugehen, da die Höhe der nach Familieneinkommen gestaffelten Elternbei­träge mit dem Heinrich-Kunst-Kindergarten in Ofenerfeld (ebenfalls 50 Kinder in 2 Gruppen) zu vergleichen ist.

 

Eine weitere finanzielle Problematik ergibt sich aus der Tatsache, dass Kinder bzw. ihre Eltern ab ihrem 3. Geburtstag einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben. In vielen Fällen verweilen die Kinder dann jedoch noch in der Krippe oder bei einer Tagesmutter bzw. in der Großtagespflege, weil nicht unterjährig freie Plätze in den Kindergärten in der Gemeinde zur Verfügung stehen. Diese Kinder über drei Jahren werden von der Finanzhilfe­pauschale des Landes überhaupt nicht berücksichtigt. Jedoch werden die Eltern ab dem 3. Geburtstag des Kindes auf einen gebührenfreien Kinder(garten)betreuungsplatz bestehen, da sie nicht mehr die Krippengebühren oder die Kosten für die Betreuung bei der Tagesmutter zahlen möchten.

 

Da ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Kindergarten ab dem dritten Geburtstag besteht, wird die Gemeinde, wenn ein Kindergartenplatz nicht angeboten werden kann, eine Lösung finden müssen, da die Eltern ganz sicher keine Gebühren für ihre Kinderkrippenbetreuung mehr bezahlen wollen oder müssen. Andere Gemeinden im Ammerland erstatten zurzeit schon die erhöhten Kosten zu den Gebüh­ren für einen Kindergartenplatz, da hier die Rechtslage schon bisher nicht eindeutig ist. In Wiefelstede wird zurzeit darauf gesetzt, dass es den Eltern der geringe Gebührenunterschied wert ist, für den „Mehrwert“ der personell besser ausgestatteten Krippe bzw. Tagespflege auch geringfügig mehr zu zahlen und das 3-jährige Kinder erst zu Beginn des Kindergarten­jahres wechseln zu lassen. Hier gab es bislang immer eine Akzeptanz der Eltern, aber dieses wird in Zukunft nicht mehr zu erwarten sein, da es dann um die Abwägung von Kosten zu Gebührenfreiheit geht.

 

Analog einer Hochrechnung der Anzahl der dreijährigen Kinder in Krippe oder Tagespflege mit Stand März 2018 bis zum Beginn des Kindergartenjahres zum August käme es hier zu weiteren Kosten in Höhe von 58.000,00 € jährlich ab dem Kindergartenjahr 2018/2019, die als Folge der Entscheidungen auf Landesebene vom Land zu tragen wären, was vermutlich jedoch nicht eintreten wird.

 

Da der Kindergartenbesuch bis zu einer Betreuungszeit von 8 Stunden täglich gebührenfrei sein wird, ist damit zu rechnen, dass die Inanspruchnahme von Ganztagsplätzen in den Kin­dergärten deutlich steigen wird. Diese Tendenz ist schon bei den Kindergartenanmeldungen für August 2018 zu erkennen. Auch wenn keine Notwendigkeit der ganztägigen Betreuung aufgrund der Berufstätigkeit besteht, wird die Nachfrage bestehen, dieses kostenlose Angebot in Anspruch zu nehmen. Diese Kapazitäten an Ganztagsbetreuungsplätzen bestehen aber der­zeit nicht. Und selbst, wenn Räumlichkeiten auch an Nachmittagen frei sind und zur Verfü­gung stehen, so besteht keine Möglichkeit, aufgrund des bundesweiten Mangels an Fachper­sonal ErzieherInnen oder Sozialassistentent(inn)en in ausreichender Anzahl einzustellen.

Hier wird künftig darauf zu achten sein, wer wirklich aus Berufsgründen einen ganztägigen Betreuungsplatz benötigt und wer nicht.

 

Die Änderung des Nds. Schulgesetzes, auch zum Sommer 2018, hat zur Folge, dass die Kapa­zitäten der Kindergärten in einem weiteren Ausmaß strapaziert werden. Für Kinder, die das sechste Lebensjahr zwischen dem 01. Juli und dem 30.September des Jahres vollenden, können die Eltern ab diesem Jahr wählen, ob das Kind in diesem Jahr oder erst im Folgejahr eingeschult wird. Stichtag für die Entscheidung ist der 01.Mai.

 

Diese unvorhergesehene Gesetzesänderung hat zur Folge, dass theoretisch ein Viertel eines Kinderjahrganges weiterhin den Kindergarten besuchen kann/muss, wenn keine Einschulung erfolgt. Rechnerisch sind dieses Viertel für den Nordbereich Wiefelstede ca. 20 Kinder, die gleiche Anzahl gilt für den Südbereich Metjendorf, Heidkamp, Ofenerfeld.

 

Die Recherche zusammen mit den Kindertagesstättenleiterinnen hat ergeben, dass ca. 50% der Eltern der betroffenen Kinder diese Möglichkeit der späteren Einschulung wählen wird, so dass im Nordbereich der Gemeinde und im Südbereich jeweils 10 Kindergartenplätze für diese Kinder geblockt werden mussten. Das bedeutet, dass weniger neue Kindergartenkin­der aufgenommen werden können. Dieses führt zu einem erneuten und verstärkendem Eng­pass in der Kindergartenversorgung. Und umso weniger Kinder aus der Tagespflege und den Krippen können mit ihrem dritten Geburtstag in den Kindergarten gebührenfrei aufgenommen werden.

 

Die aktuelle Anmelde-/Aufnahmesituation der Kindertagesstättenkinder sieht für August 2018 wie folgt aus:

 

Im Nordbereich der Gemeinde (Wiefelstede, Spohle und Gristede) können 21 Kindergarten­kinder nicht entsprechend der Anmeldungen und des Betreuungsbedarfs aufgenommen werden. In den Außengruppen Gristede (1 Platz) und Spohle (5 Plätze) sind allerdings noch insgesamt 6 Plätze frei, die den Eltern jetzt angeboten werden.

In die Krippengruppen können 17 angemeldete Kinder nicht aufgenommen werden.

 

Im Südbereich der Gemeinde (Heidkamp, Ofenerfeld, Metjendorf) können im August 54 Kinder keinen Kindergartenplatz nach zeitlichem Betreuungswunsch (vormittags bzw. ganz­tags) bekommen. Allerdings wurden 21 Kinder dieser Anzahl gleich für die neue Kinderta­gesstätte der AWO in Metjendorf angemeldet, die dann ca. im Februar 2019 eröffnet wird. 33 Kinder benötigen aber einen Betreuungsplatz schon zum August 2018, so dass mit der Ertei­lung der Platzzusagen/-absagen mit erheblichem Unmut und familiären Betreuungsproblemen zu rechnen sind.

 

Diesen 33 Eltern kann zwischenzeitlich bis Anfang 2019 nur ein Nachmittagsbetreuungsplatz im Kindergarten Metjendorf angeboten werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese 4-stündige Nachmittagszeit nur für wenige Eltern passgenau und akzeptabel ist.

 

 

Da die Änderungen zur Gebührenfreiheit im Nds. Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) ab 08/2018 gelten und die Betreuungsverträge der einzelnen Träger der Kindertagesstätteneinrichtungen in Wiefelstede einschließlich der Gebührenrichtlinie mit dem Abschluss des Betreuungsvertrages normalerweise bis Ende des 1. Quartals abgeschlossen werden, ist es notwendig, die Richtlinie der Gebühren für Kinder­tagesstätten zu ändern.

 

Die Gebührenpflicht nach sozialer Staffelung sowie die Modalitäten der Geschwisterermäßi­gung werden sich nach dem Entwurf der neuen Richtlinie zur Gebührenregelung nur auf Kin­der im Krippenalter sowie auf Hortkinder beziehen, da für Kindergartenkinder ab August 2018 keine Gebühren mehr zu entrichten sind. (s. Anlage Richtlinie zur Gebührenregelung)

     


Finanzierung:

 

Die o.g. finanziellen Auswirkungen sind bislang im Haushalt 2018 noch nicht eingeplant und müssen überplanmäßig bereitgestellt werden, sobald durch detaillierte Regelung im Nds. Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) und nach Abschluss der diesjährigen Betreuungsverträge in Krippen und Tagespflege (genaue Geburtsdaten der bald dreijährigen Kinder, Betreuungsumfang und Gebühreneinstufung nach Familieneinkommen) die Summen konkreter berechnet werden können.

 

Für das HH-Jahr 2019ff sind die Mindereinnahmen bei den Trägern als zusätzliche Ausgaben bei der Gemeinde Wiefelstede einzuplanen.

    


Anlagen: