Betreff
Erhöhung der Artenvielfalt in der Gemeinde Wiefelstede; hier: Antrag Bündnis90/Die Grünen - Ortsverband Wiefelstede
Vorlage
B/1465/2019
Aktenzeichen
hz
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

 

Der Verwaltungsausschuss nimmt die Ausführungen zur Erhöhung der Artenvielfalt in der Gemeinde Wiefelstede zur Kenntnis und stimmt der, von der Verwaltung vorgeschlagenen Vorgehensweise zur teilweisen Umsetzung einer ökologischen Grünflächenbewirtschaftung zu. Die Verwaltung wird beauftragt, jährlich über den Sachstand zu berichten.

 

   


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

 

Über den Antrag des Ortsverbandes Wiefelstede der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde bereits in der Sitzung des Straßen- und Verkehrsausschusses am 25.06.2019 beraten (sh. Vorlagen Nr. B/1349/2019).

 

Im Ergebnis wurde die Verwaltung beauftragt, auf Basis der im Straßen- und Verkehrsausschuss geführten Diskussion, Vorschläge für die ökologische Bewirtschaftung der gemeindeeigenen Grünflächen und Straßenseitenräume vorzubereiten.

 

Bereits 1992 wurde auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) beschlossen. Deutschland hat dieses geltende Völkerrecht anerkannt und sich verpflichtet dieses Übereinkommen durch eine eigene Strategie umzusetzen und hierzu am 07.11.2007 die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ beschlossen.

 

Auf den weltweit zu beobachtenden Rückgang der biologischen Vielfalt hat die Wissenschaft bereits in den 1970er Jahren hingewiesen. Eine wichtige Erkenntnis der Völkergemeinschaft ist, dass das Problem sehr komplex ist und nicht durch isolierte Naturschutzaktivitäten gelöst werden kann.

Denn nicht nur die Verkleinerung oder gravierende Veränderung von Lebensräumen hat zur Gefährdung vieler Arten geführt. Auch die Isolierung von Lebensräumen ist ein wesentlicher Grund für die Bedrohung der Biologischen Vielfalt. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) fordert daher in § 20 Abs. 1 die Schaffung eines Netzes verbundener Biotope (Biotopverbund), welches mindestens 10 % der Landesfläche umfassen soll.

 

Im Rahmen der Neuaufstellung des Landschaftsrahmenplans arbeitet auch der Landkreis Ammerland an einem Biotopverbundkonzept. Hierzu wird es bereits am 28.11.2019 einen gemeinsamen Erörterungstermin mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen geben.

 

Aus Sicht der Verwaltung sollten die Ergebnisse dieses landkreisweiten, Gemeindegrenzen überschreitenden Biotopverbundkonzeptes abgewartet werden, um zu sehen, wie dies die Flächenstrukturen der Gemeinde bewertet und wie dies eventuell in interkommunaler Zusammenarbeit umgesetzt werden kann.

 

 

Um dennoch dem Auftrag der Prüfung möglicher ökologischer Bewirtschaftungsmaßnahmen nachzukommen, hat sich die Verwaltung auch intensiv mit den Möglichkeiten einer naturnahen Grünflächenpflege auseinandergesetzt. Durch diese können sich artenarme, oft gemähte Rasenflächen mit der Zeit zu artenreichen Rasen oder Wiesen entwickeln. Ein vielfältiges Angebot an möglichst heimischen Wildpflanzenarten verbessert das Nahrungsangebot für Insekten und bietet ihnen ganzjährig Nist- und Überwinterungsplätze im Siedlungsbereich. Für eine Entwicklung zu artenreichen Wiesen eignen sich besonders Rasenflächen, die weniger als Aufenthalts- und Spielflächen genutzt, sondern lediglich mit dem Rasenmäher intensiv gepflegt werden. Dieser Pflegeaufwand lässt sich langfristig reduzieren. Hierzu sind in der Broschüre „Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können“ des NLWKN die drei nachfolgend genannten Pflegemethoden beschrieben:

 

Variante 1:  „reduzierter Rasenschnitt und Selbstbegrünung“

Variante 2:  „Mahdgutübertragung“

Variante 3:  „Einsaat mit Regiosaatgut“

(siehe Anlage 1)

 

Hierzu lässt sich zusammenfassen, dass Variante 1 besonders für Rasenflächen aber auch für Straßenseitenräume und Wegeränder geeignet ist. Die Mahdgutübertragung (Variante 2) eignet sich dagegen für große Flächen, auf denen der angestrebte Artenreichtum langfristig nicht erreicht wird oder auf denen Blühaspekte ausbleiben. Einsaaten mit regionalem Saatgut dienen insbesondere dem kurzfristigen Anlegen blühender Wiesen oder Saumstreifen. Dabei ist das Saatgut den Standortbedingungen anzupassen. Saatgut sollte dabei nur in Siedlungsräumen oder auf Nutzflächen zur Anwendung kommen. In der freien Landschaft besteht beim Ausbringen von Saatgut die Gefahr, dass sich die Pflanzen durch Wiederaussamen dauerhaft ansiedeln und mit „wilden“ Herkünften derselben Art kreuzen und diese dadurch verdrängen. Die Vorteile der Verwendung zertifizierter, regionaler Saatgutmischungen sind aus Anlage 2 ersichtlich. 

 

 

Die Straßenseitenräume (Bermen) in der Gemeinde Wiefelstede werden derzeit zweimal jährlich, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst, gemäht, wobei das Mähgut auf den Bermen verbleibt (Mulchen). Im Frühjahr erfolgt der Schnitt auf einer Breite von 1,50 m von der Fahrbahnkante; im Herbst erfolgt der Schnitt auf einer Breite von bis zu 4,00 m von der Fahrbahnkante und bei Vorhandensein von Gräben inklusive der beidseitigen Grabenböschungen.

Der Auftrag hierfür wurde im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung im April 2018 für die Jahre 2018-2021 an einen externen Dienstleister vergeben. Die Gemeinde ist hier also noch 2 Jahre vertraglich gebunden. Unabhängig davon schlägt die Verwaltung vor, im Vorfeld der Frühjahrsmahd 2020 mit dem Dienstleister über eine mögliche Reduzierung der Schnittbreiten (z.B. Frühjahr 1,00 m statt 1,50m) zu sprechen. Eine Kostenersparnis wird hierdurch jedoch sicherlich nicht generiert werden können. Zudem sind alle Strecken gesondert darauf zu überprüfen, ob eine Reduzierung zweckmäßig ist.

 

Nach Vertragsende wird die Verwaltung die Leistungen neu ausschreiben und in diesem Zuge ein komplett neues Leistungsverzeichnis erstellen. Hierbei werden dann, auch auf Grundlage möglicher Erfahrungen mit reduzierten Schnittbreiten, die Art und Häufigkeit der Mahd überdacht und möglichst einer ökologischen Bewirtschaftung angepasst. Dies wird aus Sicht der Verwaltung zu einer differenzierten Betrachtungsweise der verschiedenen Straßen führen und im Vorfeld eine Bestandsaufnahme erforderlich machen.

 

In diesem Zusammenhang können sich dann die weniger intensiv gepflegten Wegesränder und Straßenseitenräume nach der Variante „reduzierter Rasenschnitt und Selbstbegrünung“ entwickeln. 

 

Darüber hinaus wird die Gemeinde weitere Flächen, insbesondere gemeindeeigene Grünflächen im Bereich von Regenrückhaltebecken, Brachflächen usw. einer ökologischen Bewirtschaftung zuführen. Hierbei sollten überwiegend die Pflegemaßnahmen nach den Varianten 1 und 2 angewandt werden. Führen diese langfristig nicht zum Erfolg, wären Nachsaaten mit Regiosaatgut gem. Variante 3 vorzunehmen. Beim Regenrückhaltebecken im Gewerbegebiet in Herrenhausen wurde bereits eine Fläche mit einer Blühmischung angelegt.

 

Kurzfristig sollen darüber hinaus folgende Maßnahmen umgesetzt werden. Der Beschluss für die Umgestaltung des Kreisverkehrsplatzes an der Ofenerfelder Straße soll bereits in der heutigen Sitzung neu gefasst und statt der angedachten Schotterbeete das Anlegen einer Blühfläche beschlossen werden.

Desweiteren wird im Zuge des Ausbaus „Ole Karkpadd“ die Möglichkeit geprüft, entlang des Weges einen Saum als Blühstreifen anzulegen.

Diese Maßnahmen werden im Siedlungsraum nach Variante 3 mit Einsatz einer regionalen Saatgutmischung durchgeführt.

 

Die geplanten und durchgeführten Maßnahmen zur ökologischen Grünflächenbewirtschaftung werden in einer Art Monitoring auf Ihren Erfolg hin überwacht. Insbesondere bei der natürlichen Entwicklung (Variante 1 und 2) ist hier jedoch nicht kurzfristig mit Ergebnissen zu rechnen. Die Verwaltung schlägt hierzu eine jährliche Berichterstattung in den politischen Gremien vor.

 

Über die Ergebnisse zum Biotopverbundkonzept des Landkreises wird zu gegebener Zeit berichtet.

 

    


Finanzierung:

 

   


Anlagen: