Betreff
Beendigung sachgrundloser Befristungen von Arbeitsverhältnissen hier: Antrag des Ratsmitglieds René Schönwälder, Die Linke, vom 17.09.2020
Vorlage
B/1638/2020
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

 

Der Verwaltungsausschuss beschließt, dem der Beratungsvorlage B/1638/2020 beigefügten Antrag des Ratsmitglieds René Schönwälder, Die Linke, vom 17.09.2020 nicht zu folgen.

 


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

 

Das Ratsmitglied René Schönwälder hat mit Schreiben vom 17.09.2020 (siehe Anlage) folgendes beantragt: 

 

1.       „Die Verwaltung der Gemeinde Wiefelstede wird ab sofort von der gesetzlichen Möglichkeit nach § 14 Absatz 2 und 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sachgrundlose Arbeitsverhältnisse zu vereinbaren, keinen Gebrauch mehr machen.

Hiervon unberührt soll nach wie vor die sachgrundlose Befristung bei Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung bleiben, wie diese in der Gemeinde Wiefelstede gängige und sinnvolle Praxis ist.

 

2.       Die Verwaltung wirkt in den von ihr beeinflussten gemeindeeigenen und sonstigen Unternehmen darauf hin, in Zukunft gemäß Ziffer 1 zu verfahren.“

 

Zur Begründung wird in dem Antrag im Wesentlichen angeführt, dass bei eigentlich notwendigen unbefristeten Arbeitsverhältnissen eine sachgrundlose Befristung vorgeschaltet sein könne und dies praktisch auf eine zweite Probezeit hinauslaufen würde.

 

Im Antrag wird dargestellt, dass die Probezeit nach § 2 Abs. 4 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) längstens sechs Monate betrage.

 

Dieser Grundsatz findet sich sowohl in § 622 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als auch in der bereits zitierten Norm des TVöD.

 

Abweichend davon enthält aber bereits § 30 Abs. 4 S. 1 TVöD die zwingende Vorgabe, dass bei befristeten Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund (lediglich) die ersten sechs Wochen als Probezeit gelten.

 

Hinzu kommt, dass die Vereinbarung einer Probezeit nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit nur zu Beginn einer Vertragsbeziehung möglich ist (siehe u. a. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2002 – 4 Sa 68/01). Auch wenn auf ein vorheriges befristetes Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund ein unbefristetes Arbeitsverhältnis folgt, ist die Vereinbarung einer „zweiten Probezeit“ unwirksam.

 

Eine Probezeit steht im Übrigen auch nicht (zwingend) in einem direkten Zusammenhang mit der sog. Wartefrist im Sinne von § 1 des Kündigungsschutzgesetztes (KSchG).

 

Selbst wenn ein Arbeitgeber unzulässigerweise eine weitere Probezeit vereinbaren würde, würden die Bestimmungen des KSchG nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist vollumfänglich Anwendung finden, mit der Folge, dass eine Kündigung nur dann zulässig wäre, wenn sie sozial gerechtfertigt (vgl. § 1 Abs. 2 KSchG) ist oder aus „wichtigem Grund“ (vgl. § 626 BGB) erfolgt.

 

Bereits der Gesetzgeber bzw. die Tarifvertragsparteien haben mit diesen arbeits- und tarifvertraglichen Regelungen dafür Sorge getragen, dass Arbeitnehmer/innen nicht durch willkürliche Vertragsgestaltungen benachteiligt werden können.   

 

Im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten ist festzustellen, dass die Gemeinde Wiefelstede sachgrundlos befristete Arbeitsverträge im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG i. V. m. § 30 Abs. 3 und 4 TVöD ohnehin nur in Ausnahmefällen abschließt. Die bestehenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Normen reduzieren den praktischen Anwendungsbereich von sachgrundlosen Befristungen bereits erheblich. Gleichwohl ist es auch der Sicht der Verwaltung zwingend erforderlich, in atypischen Fällen überhaupt hiervon Gebrauch machen zu können.   

     


Finanzierung:

 

--  


Anlagen: