Betreff
Windenergie,
hier: Erneute Beratung über die weitere Vorgehensweise
Vorlage
B/0292/2015
Aktenzeichen
III-1
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

 

Siehe Beratungsergebnis.

   


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

 

Die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 12.07.2014 die erneute Beratung über die weitere Vorgehensweise in Sachen Windenergie beantragt. Der Verwaltungsausschuss hatte in seiner Sitzung am 14.07.2014 beschlossen, den Status Quo beizubehalten und keine Gespräche mit den Nachbargemeinden zu initiieren, und damit seinen Beschluss vom 11.11.2013 bestätigt.

 

In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses wurden - auch von anwesenden Einwohnern - Punkte angesprochen, die gegen einen weiteren Ausbau der Windenergie in der Gemeinde Wiefelstede sprechen. Die betroffenen Anlieger befürchten unter anderem gesundheitliche Beeinträchtigungen (z. B. durch Infraschall), einen Wertverlust bei den Wohnimmobilien bis hin zur Unverkäuflichkeit und steigende Stromkosten.

 

Mit den nachfolgenden Informationen soll verwaltungsseitig der Versuch unternommen werden, zur Versachlichung bei der Diskussion über das Thema Windenergie beizutragen.

 

…………………….

 

Es wird bereits jetzt zu viel EEG-Strom produziert

 

Laut Auskunft der EWE Vertrieb GmbH wurde im Jahr 2013 an 11 Tagen für eine Dauer von ca. 80 Stunden die Einspeisung im Rahmen des Energiemanagements angepasst. In 2014 (Stand 15.08.2014) erfolgte an 5 Tagen für eine Dauer von ca. 33 Stunden eine Anpassung. In der Regel wird die Leistung auf max. 60 % bzw. auf max. 0 % reduziert. Informationen zu den Einsätzen des Einspeisemanagements im Jahr 2014 im gesamtes EWE-Netz sind unter folgendem Link zu finden: http://www.ewe-netz.de/strom/abgeschlossene_einspeisemanagement-einsaetze.php.

 

Hieraus folgt, dass der erzeugte EEG-Strom zu ca. 99,9 % eingespeist werden konnte.


Der Anteil EEG-Strom am Gesamtstromverbrauch in der Gemeinde Wiefelstede beträgt 45 %

 

Nach Auskunft von Energymap beträgt der Anteil EEG-Strom am Gesamtverbrauch in der Gemeinde Wiefelstede mittlerweile 47 % und im Landkreis Ammerland 29 % (http://www.energymap.info/energieregionen/DE/105/116/178/379.html). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die regionalen Verbrauchsdaten bei Energymap auf Schätzungen auf der Basis des durchschnittlichen Stromverbrauches in der Bundesrepublik basieren. Die tatsächlichen Verbräuche weichen zum Teil erheblich ab. Von den 11 WEA, die Energymap der Gemeinde Apen zuschreibt, stehen zudem 7 Anlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Uplengen.

 

Aussagekräftiger scheinen daher die Angaben der EWE Vertrieb GmbH zu sein. Hiernach lag der Anteil EEG-Strom am Gesamtverbrauch in der Gemeinde Wiefelstede bei 43 % und im Landkreis Ammerland bei 40 % (Verbrauch 2012 und Produktion 2013, siehe Anlage).

 

Festzustellen ist außerdem, dass der Zubau an neuer Erzeugungsleistung (kW peak) in den letzten Jahren im Landkreis Ammerland deutlich abgenommen hat (Quelle Grafik: Energymap).

 

 

 

 

Steigende Energiekosten für den Bürger

 

In der Diskussion wird häufig auf die steigenden Stromkosten hingewiesen, die auch dadurch verursacht werden, dass der durch WEA produzierte Strom nicht vollständig eingespeist werden könne aber dennoch vergütet werde.

 

Das Handelsblatt schreibt hierzu (http://www.handelsblatt.com/technologie/das-technologie-update/energie/energiewende-verkehrte-welt-an-der-stromboerse-/9925444.html):

 

Der Ökostrom drückt die Preise an der Strombörse. Wurden 2011 im Schnitt an der EPEX Spot noch 51,12 Euro je Megawattstunde gezahlt, waren es 2013 nur 37,78 Euro - also nur noch 3,8 Cent im Einkauf je Kilowattstunde. (…) Da viele Versorger Preisvorteile durch mehr Ökostrom kaum an die Verbraucher weitergeben, schauen diese doppelt in die Röhre: Sie bekommen den Vorteil nicht zu spüren - und zahlen sogar noch drauf. Denn per Ökostrom-Umlage zahlen sie die Förderung für jede Kilowattstunde Ökostrom - und zwar die Differenz zwischen dem an der Börse dafür erzielten Preis und dem auf 20 Jahre garantierten Vergütungssatz.“

 

Am 1. August 2014 ist das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft getreten. Betreiber von EEG-Anlagen müssen ihren Strom zukünftig direkt vermarkten, die gesetzliche Einspeisevergütung wird nur noch in Ausnahmefällen gewährt. Zudem wird die Höhe der bisherigen Vergütungssätze zum Teil erheblich geändert und Boni gestrichen oder modifiziert.

 

Beachtet werden sollten in diesem Zusammenhang aber auch die Umweltkosten der Stromerzeugung.

 

 

Die vollständige Publikation des Umweltbundesamtes ist unter dem nachfolgenden Link zu finden: (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/hgp_umweltkosten.pdf)

 

Wertverlust bei Wohnimmobilien durch WEA

 

Die betroffenen Anlieger befürchten, dass der Wert ihrer Immobilien durch die Realisierung von Windparks negativ beeinflusst wird. Sie sehen ihre Meinung durch das Ergebnis einer Umfrage der Universität Frankfurt bestätigt, die einen möglichen Preisrückgang von bis zu
30 % ergab.

 

Herr Dr. Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum hat hierzu in einem Interview folgendes erklärt (siehe http://www.windwaerts.de/de/blog/detail/panikmache-fehl-am-platz-windparks-beeinflussen-immobilienpreise-nicht-negativ.html):

 

„Die meisten Aussagen, die von einem Rückgang der Immobilienwerte durch den Bau eines Windparks sprechen, beziehen sich auf eine Umfrage der Universität Frankfurt bei Immobilienmaklern. Hierbei handelt es sich allerdings um die persönliche Einschätzung dieser Makler und nicht um belastbare empirische Studien.

 

Ganz im Gegenteil: Die Stadt Aachen hat im einer langfristigen Analyse der Preisentwicklung von Wohnimmobilien rund um den Windpark "Vetschauer Berg" festgestellt, dass aufgrund der vielfältigen und wechselnden Einflüsse auf dem Grundstücksmarkt nicht mit hundertprozentiger Sicherheit beantwortet werden kann, ob die Windkraftanlagen Auswirkungen auf die Preisentwicklung von Immobilien haben. Es sei sogar „höchst unwahrscheinlich, dass die Windkraftanlagen die Werte der umliegenden Wohnimmobilien beeinflusst haben.“ Die Grundstücke, die in der Analyse am nächsten an den Windkraftanlagen gelegen waren, hatten sogar eine positive Tendenz.“

Die vollständige Untersuchung der Stadt Aachen ist als Anlage  zur Beratungsvorlage unter dem nachfolgenden Link zu finden: http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=9013&options=4).“

 

Herr Dr. Vornholz schreibt zu diesem Thema auch in „Der Immobilienbrief, Ausgabe Nr.321, Seite 21-23“ (http://www.rohmert-medien.de/wp-content/uploads/2014/05/Der-Immobilienbrief-Nr-321.pdf).

 

Infraschall

 

Von den Windkraftgegnern wird insbesondere auf die unkalkulierbaren Gesundheitsgefahren durch den von WEA verursachten Infraschall hingewiesen, die durch Studien bewiesen seien. Das Umweltbundesamt kommt in seiner „Machbarkeitsstudie zur Wirkung von Infraschall (2014)“, aus der häufig auch von Windkraftgegner zitiert wird, zu folgendem Schluss:

 

(Zitat) „Ein Vergleich der Untersuchungsergebnisse hat gezeigt, dass negative Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich unter 10 Hz auch bei Schalldruckpegeln unterhalb der Hörschwelle nicht ausgeschlossen sind. (…) Für eine negative Auswirkung von Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle konnten bislang keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse gefunden werden, auch wenn zahlreiche Forschungsbeiträge entsprechende Hypothesen postulieren.“
(Seite 14, Abs. 4)

 

Diese Aussage ist nach Angaben des Umweltbundesamtes das Ergebnis einer intensiven Recherche:

 

(Zitat) „Der Ausgangspunkt der Untersuchung war eine eingehende Literaturrecherche. Hierfür wurden alle Literaturquellen herangezogen, die relevante Information versprachen. Über das Internet wurden fachspezifische Datenbanken wie PubMed und Medline abgefragt, die Datenbestände wissenschaftlicher Verbände aus der Akustik, von nationalen und internationalen Konferenzen und von Verlagen durchsucht. Zudem wurde über das Internet in Suchmaschinen mittels Stichworten recherchiert. Dabei wurden auch Foren von Bürgerinitiativen, Beiträge von Verbänden und Presseberichte ausgewertet. Der zusätzliche Informationsgewinn war allerdings beschränkt, da häufig bereits Bekanntes zitiert wird, die angegebenen Quellen oft nicht nachvollziehbar sind oder Meinungen dargestellt werden. Darüber hinaus wurde in Universitätsbibliotheken recherchiert. Konnten über das Internet zumeist nur Kurzfassungen von Beiträgen heruntergeladen werden, so wurden über die Bibliotheken ausschließlich Volltext-Fassungen bezogen. Die Recherche reicht zurück bis in das Jahr 1950.“ (Seite 14)

 

Es ist unstrittig, dass Infraschall gesundheitsschädlich sein kann. Dies wurde durch verschiedene Studien nachgewiesen (S. 59 - 62). Das Umweltbundesamt schlägt in seiner Machbarkeitsstudie daher vor, zur Untersuchung der Wirkung von Infraschall, der von WEA verursacht wird,  eine Feldstudie durchzuführen (Seite 23).

 


Im Zusammenhang mit den von Infraschall ausgehenden Gefahren wird häufig vergessen, dass neben WEA weitere technische aber auch natürliche Quellen Infraschall emittieren. Zu den natürlichen Quellen zählen beispielweise folgende Ereignisse und Phänomene:

 

o   Vulkaneruptionen, Erdbeben

o   Meeresbrandung, hoher Seegang

o   Schnee- und Geröll-Lawinen

o   stark böiger Wind, Stürme und Unwetter

o   Donner bei Gewittern

 

Weitere Beispiele für technische Quellen sind

 

o   große Gasturbinen, Verdichterstationen, Stanzen, Rüttler, Vibratoren, Kompressoren, Pumpen (z. B. Wärmepumpen, Lüftungs- und Kälteanlagen)

o   Verkehrsmittel (Lkw, Schiffe, Flugzeuge, Strahltriebwerke, Hubschrauber)

o   Sprengungen und Explosionen

o   Überschallknall von Flugzeugen

o   leistungsfähige Lautsprechersysteme in geschlossenen Räumen

 

Nach einer Umfrage des Umweltbundesamtes lag der Anteil der Beschwerdefälle über Beeinträchtigungen durch WEA bei den Landesämtern für Umwelt und bei den Unteren Immissionsschutzbehörden bei 3,3 %. (Seite 90).

 

Nach Aussage des Umweltbundesamtes gibt es außerdem bereits Lösungsansätze zur Infraschallproblematik:

 

(Zitat) „Eine Lösung des Problems bei Frequenzen unterhalb von 100 Hz könnte in der Anwendung der aktiven Lärmminderung bestehen, wie in verschiedenen Veröffentlichungen gezeigt wird (…). Dabei werden die Abstrahlungs- oder Ausbreitungsbedingungen durch aktive Systeme – bestehend aus Sensor (z. B. Mikrofon), Signalverarbeitung und Aktor (z. B. Lautsprecher) - verändert. Dies erfordert räumlich wie zeitlich eine möglichst genaue Erfassung und Nachbildung des Schallfeldes. Vorteilhafterweise ist dies bei tiefen Frequenzen (also große Wellenlängen) einfacher als bei höheren. Mit der Entwicklung in der Signalverarbeitung sowie von preisgünstigen elektroakustischen Komponenten können Lösungen, die auf dieser Technik beruhen, heute und in Zukunft vermehrt, nicht nur die effektivere, sondern auch die kostengünstigere Lösung sein. Allerdings besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um diese Technik auch auf breiterer Ebene einsetzen zu können.“ (Seite 68, Abs. 2)

 

Die vollständige Studie ist unter dem nachfolgenden Link zu finden: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_40_2014_machbarkeitsstudie_zu_wirkungen_von_infraschall.pdf

 

Es gibt noch weitere offizielle Quellen, die sich mit dem Thema Infraschall beschäftigen.

 


Das Bayerisches Landesamt für Umwelt und das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kommt in seiner Publikation „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit? (März 2012, 4. aktualisierte Auflage: November 2014)“ zu folgendem Fazit:

 

(Zitat) „Da die von Windenergieanlagen erzeugten Infraschallpegel in der Umgebung (Immissionen) deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen liegen, können nach heutigem Stand der Wissenschaft Windenergieanlagen beim Menschen keine schädlichen Infraschallwirkungen hervorrufen. Gesundheitliche Wirkungen von Infraschall sind erst in solchen Fällen nachgewiesen, in denen die Hör- und Wahrnehmungsschwelle überschritten wurde. Nachgewiesene Wirkungen von Infraschall unterhalb dieser Schwellen liegen nicht vor.“

 

Die vollständige Publikation ist unter dem nachfolgenden Link zu finden: http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf

     


Anlage: