Betreff
Regelungen zur Durchführung von Hybridsitzungen und zu beschließenden Fachausschüssen
Vorlage
B/2455/2023
Aktenzeichen
11001
Art
Beratungsvorlage

Vorschlag / Empfehlung:

 

Der Rat der Gemeinde Wiefelstede beschließt die Hauptsatzung in der derzeit geltenden Fassung nicht zu ändern.

    


Situationsbericht / Bisherige Beratung:

 

Mit Beschluss des Rates vom 19. September 2022 wurde zuletzt die Hauptsatzung geändert. Im Rahmen der Beratungen in dieser Sitzung zu Tagesordnungspunkt 10 (B/2093/2022) unter b) beschlossen, die Regelungen zur Durchführung von Hybridsitzungen und zu beschließenden Fachausschüssen über die Beratung im Finanz- und Wirtschaftsausschuss erneut zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

A) beschließende Ausschüsse

 

Gemäß § 76 Abs. 3 S. 1 NKomVG kann der Rat die gem. § 76 Abs. 2 S.1 NKomVG in der Zuständigkeit des Verwaltungsausschuss liegenden Angelegenheiten (sog. Lückenkompetenz) einem Ausschuss nach § 71 NKomVG (= Fachausschuss) durch die Hauptsatzung übertragen. Die spezialgesetzlichen Fachausschüsse (Schulausschuss) nach § 73 NKomVG sind davon ausgenommen.

 

Die Übertragung der Beschlusskompetenz auf einen Fachausschuss ist gem. § 76 Abs. 3 S. 2 NKomVG auf das Ende der Wahlperiode zu befristen.

 

Sofern ein beschließender Fachausschuss installiert wird, ist, wie beim Verwaltungsausschuss, eine namentliche Vertretung der Ausschussmitglieder zu bestimmen (§ 76 Abs. S. 2 i. V. m. § 75 Abs. 1 S. 3 bis 5 NKomVG).

 

Die Übertragung dieser Kompetenz muss sich auf bestimmte Gruppen von Angelegenheiten beziehen. Diese bestimmten Gruppen von Angelegenheiten sind in der Hauptsatzung zu definieren.

 

Der Beschluss des beschließenden Ausschusses bindet an das Ergebnis. Der Bürgermeister hat gem. § 85 Abs. 1 S.1 Nr. 2 NKomVG den gefassten Beschluss auszuführen. Eine Behandlung im Verwaltungsausschuss und eine etwaige Korrekturmöglichkeit bestünde dann nicht mehr.

 

Eine Beschleunigung tritt nur dann ein, wenn nach der Beratung im Fachausschuss kein Beratungsbedarf mehr besteht und die Entscheidung getroffen wird. Wenn durch die Beratung im Fachausschuss ein weiterer Beratungsbedarf erforderlich ist, muss die nächste Fachausschusssitzung abgewartet werden. Beim derzeitigen Verfahren könnte die abschließende Entscheidung im VA getroffen werden, der i. d. R. alle drei Wochen tagt.

Aus Sicht der Verwaltung wird die Übertragung der Beschlusskompetenz an einen Fachausschuss für nicht zielführend erachtet. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass es in der Vergangenheit in den Fachausschüssen durchaus Beschlussvorschläge gegeben hat, die aufgrund ergänzender oder korrigierender Erkenntnisse im folgenden Verwaltungsausschuss nicht oder nur geändert beschlossen wurden. Diese Korrekturmöglichkeit gäbe es bei der Einführung beschließender Ausschüsse nur noch in Fällen, in denen die gefassten Beschlüsse rechtswidrig sind und der Hauptverwaltungsbeamte Einspruch einzulegen hätte.

 

B) Hybridsitzungen

 

Rechtliche Grundlagen

Gem. § 64 Abs. 3 S. 1 NKomVG können die Abgeordneten mit Ausnahme der oder des Vorsitzenden des Rates an den Sitzungen des Rates durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik teilnehmen, soweit die Hauptsatzung dies zulässt. Daraus folgt, dass der oder die Vorsitzende des Rates und der Bürgermeister von der Teilnahme per Videokonferenztechnik ausgeschlossen sind. gem. § 64 Abs. 3 S. 3 NKomVG kann Hauptsatzung regeln, dass die Teilnahme von persönlichen Voraussetzungen (Krankheit, berufsbedingte Abwesenheit, etc.) abhängig ist.

 

Die Regelungen gelten gem. § 64 Abs. 8 NKomVG für den Verwaltungsausschuss und die Fachausschüsse entsprechend, soweit die Hauptsatzung nichts anderes bestimmt.

 

In Bezug auf die (Nicht-)Öffentlichkeit ist eine Teilnahme per Videokonferenztechnik auch in nichtöffentlichen Sitzungen möglich, sofern es die Hauptsatzung zulässt. Die Abhaltung einer Sitzung mit Teilnahme per Videokonferenztechnik ist gem. § 64 Abs. 3 S. 6 NKomVG jedoch ausgeschlossen, wenn geheime Wahlen, vorgesehene geheime Abstimmungen sowie Beratungen von Angelegenheiten, zu deren Geheimhaltung die Kommune nach § 6 Abs. 3 S. 1 NKomVG verpflichtet ist, Gegenstände der Sitzung sind.

 

Für den Beschluss über die Aufnahme einer Regelung in die Hauptsatzung wäre eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Rates erforderlich.

 

Technische Rahmenbedingungen

Gem. § 64 Abs. 4 hat die Gemeinde die technischen Voraussetzungen so zu schaffen, dass sich die anwesenden und die durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik teilnehmenden Mitglieder während der gesamten Sitzung gegenseitig in Bild und Ton wahrnehmen können.

 

Bild- und Tonaufnahmen der an der Sitzung teilnehmenden Personen sind gem. § 64 Abs. 4 S. 3 NKomVG auch ohne deren Zustimmung zulässig. Den Teilnehmenden der Videokonferenztechnik müssen datenschutzrechtlich eindeutige Informationen über die mit der Nutzung des Dienstes für die Videokonferenztechnik verbundenen Datenverarbeitung gem. Art. 13, 14 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), insbesondere hinsichtlich der Betroffenenrechte, zur Verfügung gestellt werden.

 

Hinsichtlich der technischen Ausstattung werden seitens des Gesetzgebers „eine Videokonferenz-Software zur audiovisuellen Zuschaltung und die erforderliche technische Ausstattung im Sitzungsraum (Mikrofon am Rednerpult, eine oder mehrere Kameras, um Redner oder anwesende Personen im Raum aufzuzeichnen, Lautsprecher zur Audio-Übertragung, Mikrofone an den einzelnen Plätzen, Leinwand oder Whiteboard mit der Möglichkeit zur Bildschirmübertragung)“ vorausgesetzt.

 

Da § 64 Abs. 4 S. 1 NKomVG lediglich vorsieht, dass die an der Sitzung teilnehmenden Mitglieder während der gesamten Sitzung in Bild und Ton wahrnehmbar sein müssen, ist die Aufzählung des Gesetzgebers zur technischen Ausstattung im Sitzungsraum als nicht abschließend zu betrachten, sodass bspw. auch der Einsatz eines Deckenmikrofons oder anderer vergleichbarer Geräte möglich wäre.

 

Bei Störungen der Zuschaltung per Videokonferenztechnik, die nach Absatz 4 Satz 1 im Verantwortungsbereich der Gemeinde liegen, ist gem. § 64 Abs. 5 S. 1 NKomVG die Sitzung von der oder dem Vorsitzenden zu unterbrechen oder abzubrechen. Bei technischen Störungen kann zum Zeitpunkt der Störung kaum sicher festgestellt werden, in welchen Verantwortungsbereich die Störung genau fällt. Dies ist aber für die rechtssichere Durchführung der Sitzung von entscheidender Bedeutung, da § 64 Abs. 5 S. 2 NKomVG nur „sonstige Störungen der Zuschaltung“ für unbeachtlich erklärt, die keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit eines ohne die betroffenen Abgeordneten getroffenen Beschlusses haben. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Störungen im Verantwortungsbereich der Gemeinde nach § 64 Abs. 5 S. 1 NKomVG beachtliche Fehler sind und zur Unwirksamkeit der gesamten Beschlüsse führen dürften.

 

 

Praxis bei anderen Kommunen

 

Die Gemeinde Edewecht hält Sitzungen in hybrider Form ab. Es werden alle Gremiensitzung (Ratssitzungen, VA und Fachausschüsse) in hybrider Form angeboten. Als Kamera wird eine Kamera in der Mitte des Raumes verwendet, welche per Fernbedienung auf die jeweils sprechende Person gerichtet wird.

 

Die Gemeinde Rastede hat Voraussetzungen zur Durchführung von Hybridsitzungen geschaffen, von der Möglichkeit jedoch bisher keinen Gebrauch gemacht.

 

Die Stadt Westerstede hat sich mit der Einführung von Hybridsitzungen intensiv befasst, Letztendlich wurde dies jedoch abgelehnt, da die Sitzungen an verschiedenen Örtlichkeiten stattfinden und eine adäquate Umsetzung nicht möglich ist.

 

Der Landkreis Ammerland hat die Einführung hybrider Sitzungsformen angeprüft. Da mit der Umsetzung jedoch ein erheblicher verwaltungstechnischer Aufwand verbunden ist, wurde die Einführung nicht weiter intensiv verfolgt. Sie ist aber für die Zukunft nicht ausgeschlossen.

 

Örtliche Gegebenheiten und Fazit

Aus Sicht der Verwaltung wird nach wie vor die Präsenssitzung als führend erachtet. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (AGKSV) als Interessenvertretung der niedersächsischen Kommunen vertritt diese Auffassung ebenfalls. Die Debatte in den Rats- und Ausschusssitzungen lebt nach Auffassung der AGKSV ganz wesentlich von der Anwesenheit der Abgeordneten am Sitzungsort.

 

Darüber hinaus ist die Durchführung hybrider Sitzungen mit zusätzlichem Personalaufwand verbunden. Die eingesetzte Technik muss während der Sitzung in kommunalrechtlicher und technischer Hinsicht einwandfrei geführt werden, was nur von eingewiesenem Personal erfolgen kann. Die personellen Ressourcen dafür müssten zusätzlich geschaffen werden. Da es sich um eine zusätzliche, freiwillige Aufgabe handelt, ist vorhandenes und ggf. zusätzliches Personal für die bereits bestehenden (Pflicht-)Aufgaben bevorzugt einzusetzen.

 

Im Hinblick auf die Technik ist festzustellen, dass eine mobile Videokonferenztechnik erforderlich wäre, da Sitzungen an verschiedenen Örtlichkeiten stattfinden. Als problematisch wird erachtet, dass in den auswärtigen Räumlichkeiten keine Verfügungsmacht über die technischen Einrichtungen (bspw. Internetverbindung) besteht, gleichwohl die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abhandlung in den Bereich der Gemeinde fällt. Dies ist bei Ratssitzungen, aber auch in Teilen bei Fachausschusssitzungen in Schulen, der Fall. Es ist in der Sitzung nicht ohne erhebliche Einschränkungen des Sitzungsverlaufes möglich festzustellen, in welchen Verantwortungsbereich betroffene Störung fällt.  Die hiermit verbunden rechtlichen Risiken durch potentielle unwirksame Beschlüsse sind einem hohen Stellenwert beizumessen.

 

Aus Sicht der Verwaltung wird die Durchführung hybrider Sitzungen aus vorgenannten Gründen nicht empfohlen.

     


Finanzierung:

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Anlagen: