Sitzung: 22.06.2021 Schulausschuss
Vorlage: B/1754/2021
a) Der Rat der Gemeinde Wiefelstede
beschließt, aktuell kein Verfahren zur Errichtung einer Integrierten Gesamtschule
(IGS) zu verfolgen. Das in der Sitzung des Schulausschusses vom 18.01.2021
unter TOP 9 durch die Schulleitung der Oberschule Wiefelstede vorgestellte
Konzept zur geänderten Beschulung ab dem Schuljahr 2021/2022 bleibt zunächst
abzuwarten und ist entsprechend zu evaluieren.
b) Der Rat der Gemeinde Wiefelstede
beschließt, zunächst die grundlegenden Voraussetzungen für die Errichtung einer
Integrierten Gesamtschule (IGS) nach § 106 des Niedersächsischen Schulgesetzes
(NSchG) zu klären. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen rechtlichen,
organisatorischen, räumlichen und finanziellen Rahmenbedingungen in Anlehnung
an die Handreichungen des Kultusministeriums zu ermitteln und zur Beratung und
Beschlussfassung vorzulegen.
Ausschussmitglied
Schröder geht davon aus, dass über den Antrag der SPD-Fraktion gesondert
entschieden werde. Hinsichtlich der in der Beratungsvorlage enthaltenen
Beschlussempfehlungen bittet er zudem um Auskunft, ob die Empfehlungen
alternativ oder kumulativ gesehen würden. Außerdem würde er zum Beschlussvorschlag
zu b) einen möglichen Zusatz „in Anlehnung an die Handreichungen des
Kultusministeriums“ begrüßen.
Bürgermeister
Pieper erwähnt, dass die Beschlussempfehlungen alternativ betrachtet werden könnten.
Der Antrag der SPD-Fraktion zur Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule
(IGS) sei heute nicht beschlussfähig, da zunächst mögliche Voraussetzungen
abschließend zu prüfen seien.
Ausschussmitglied
Niemeier erklärt, dass die CDU-Fraktion geschlossen hinter der Oberschule
Wiefelstede, der dort tätigen Lehrkräfte, der Schulleitung sowie der Eltern-
und Schülervertretung stünde und die Einführung einer IGS keine Unterstützung
ihrer Fraktion fände. Die in der Oberschule Wiefelstede geleistete Arbeit solle
daher anerkannt und honoriert werden. In den vergangenen Jahren habe sich zudem
ein Arbeitskreis intensiv mit der Oberschule und deren Attraktivität befasst
und vielerlei Dinge hinterfragt. Auch sei bereits die Frage gestellt worden,
weshalb viele Schüler/-innen eher den Haupt-/Realschulzweig bzw. den
gymnasialen Zweig der KGS Rastede besuchen würden. Im Ergebnis werde zum
kommenden Schuljahr 2021/2022 an der Oberschule Wiefelstede eine schulinterne
Neuausrichtung vorgenommen, welche nahezu einstimmig in den jeweiligen
Schulgremien (Schulelternrat, Gesamtkonferenz und Schulvorstand) beschlossen
worden sei. Insofern sollten politische Verantwortungsträger diese
Neuorientierung nicht in Frage stellen. Die CDU-Faktion werde daher dem
Verwaltungsvorschlag folgen und ein Verfahren zur Errichtung einer IGS nicht
unterstützen. Abschließend wird erwähnt, dass die bewährte KvB-Klasse (Klasse
mit vertiefter Berufsorientierung) ausschließlich als Oberschule Wiefelstede,
nicht aber in der Schulform IGS, fortgeführt werden könne.
Die
ideale Schulform für Wiefelstede im Sekundarbereich wäre aus Sicht der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine IGS
mit gymnasialer Oberstufe, teilt Ausschussmitglied Kuck mit. Diese Schulform
böte beste Bildungschancen für alle Schüler/-innen gleichermaßen, so dass
bereits vor zehn Jahren die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie die
SPD-Fraktion hierfür den Antrag gestellt hätten. Mit großer Unterstützung der
Elternschaft sei die Fraktion Bündnis90/Die Grünen bei der entscheidenden
Abstimmung die einzige Befürworterin einer IGS geblieben. Sofern in der
heutigen Sitzung die Umwandlung der Oberschule Wiefelstede zu einer IGS
angestrebt werde, sollten die Schüler/-innen, die zukünftigen Schüler/-innen
und deren Eltern, das Lehrerkollegium sowie die Politik dahinterstehen. Zuvor
sei es jedoch unerlässlich, dass entsprechende Daten (Schülerströme, wird eine
IGS überhaupt angenommen, können die drei Gymnasialklassen überhaupt gebildet
werden) erhoben werden müssten. Bis zur Ermittlung der notwendigen rechtlichen,
organisatorischen, räumlichen und finanziellen Rahmenbedingungen stünde die
Fraktion Bündnis90/Die Grünen hinter der Entwicklung der Oberschule
Wiefelstede. Abschließend weist Ausschussmitglied Kuck auf die bereits im
Entwurf vorliegenden Fragenkataloge, welche durch den Arbeitskreis
Schulentwicklung erarbeitet worden seien, hin.
Ausschussmitglied
Schröder fordert sachlich fundamentale Argumente für die strikte Nein-Haltung
zu einer möglichen IGS bzw. zu einer entsprechenden Datenerhebung. Die
Grundschulen in der Gemeinde Wiefelstede würden stabile Schülerzahlen
aufweisen, so dass auch in den kommenden Jahren von einer stetigen
Vierzügigkeit an beiden Grundschulen auszugehen sei. Dennoch lassen die
deutlich geringeren Schülerzahlen an der Oberschule Wiefelstede Fragen offen,
die zu beantworten seien. Auch er werde die wertvolle Arbeit an der Oberschule
Wiefelstede nicht anzweifeln. Insbesondere zitiert er den § 1 NKomVG, wonach
die Gemeinden ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener
Verantwortung mit dem Ziel verwalten, das Wohl ihrer Einwohnerinnen und
Einwohner zu fördern. Derzeit würde lediglich der Busverkehr für ca. 600
Schüler/-innen gefördert. Er wünsche sich eine Chancengleichheit für alle
Schüler/-innen in der Gemeinde und möchte das entsprechende Bildungsangebot
auch in Wiefelstede vorgehalten wissen. Auch sehe er eine Vernetzung bzw. einen
Zusammenhang in Bezug auf die Bildungsangebote zu möglichen Arbeitsplätzen
(Stichwort Wirtschaftsförderung) und auf die Höhe des möglichen
Gewerbesteueraufkommens. Er sehe ein derzeitiges Defizit nicht im Wissen,
sondern vielmehr im Handeln und wünsche sich daher die Feststellung der
Rahmenbedingungen und der Elternbefragung. Abschließend ergeht der Appell an
alle, zumindest dem Beschlussvorschlag zu b), nämlich der Feststellung der
Rahmenbedingungen in Anlehnung an die Handreichungen des Kultusministeriums,
zuzustimmen.
Den
Worten ihres Vorredners schließt sich Ausschussmitglied Stolle grundsätzlich an
und betont, dass die Rahmenbedingungen für eine andere Schulform nicht bekannt
seien. Dieses sei auch der Beratungsvorlage zu entnehmen. Sie habe schon den
Anspruch auf einen eigenen Standort im Sek-II-Bereich und würde sich wünschen,
ein Angebot vom Kindergarten über die Grundschule bis zur weiterführenden
Schule und damit auch die soziale Bindung innerhalb der Gemeinde vorhalten zu
können. Auffällig sei, dass bei der Entwicklung der Schülerzahlen von einer
optimistischen Vierzügigkeit ausgegangen werde, bei der Betrachtung zur
möglichen IGS hingegen nicht. Letztendlich bliebe die Schulwahl grundsätzlich
immer eine Entscheidung der Eltern. Gleichwohl solle ein ausreichendes Bildungsangebot geschaffen
werden, so dass sie dafür plädiert, zumindest die Rahmenbedingungen feststellen
zu lassen.
Schulleiterin
und hinzugewähltes Mitglied Klages berichtet von den Reaktionen aus der
Schullandschaft. Die geführten Diskussionen über eine mögliche IGS würden viele
Elternteile verunsichern. Zudem könne auch heute nicht benannt werden, welche
Anmeldequote eine IGS tatsächlich hätte.
Ausschussmitglied
Würdemann unterstützt den Wortbeitrag von Frau Klages und stellt dar, dass die
Anmeldezahlen in den kommenden Jahren nicht bekannt seien und dieses lediglich
einen Blick in die Glaskugel darstellen würde. Die politischen Vertreter hätten
auch eine Verantwortung gegenüber der Oberschule. Er spricht sich für das zum
01.08.2021 geänderte Schulkonzept aus. Neben den
Renovierungs-/Sanierungsprozessen an der baulichen Substanz der Oberschule
Wiefelstede würden nunmehr auch die
Unterrichtszeiten angepasst werden, so dass auch aktuell viele Dinge
geändert würden. Hier solle mehr Geduld aufgebracht werden. Er habe das
fehlende Bildungsangebot im Sek-II-Bereich in Wiefelstede auch nie als Manko
angesehen, da die Auswahl in den umliegenden Gemeinden mehr als ausreichend
sei.
Ausschussmitglied
Schröder entgegnet, dass der Blick in die Glaskugel nicht weiterhin als solches
betrachtet werden müsse. Daher seien gerade aus diesem Grund entsprechende
Erhebungen/Befragungen unvermeidlich. Eine Beschlussfassung zur
Informationsbeschaffung führe im Übrigen im Ergebnis nicht zwingend zu einer
Errichtung einer IGS.
Über
die abermals geführten Diskussionen wundert sich Ausschussmitglied Rakebrand
und verweist auf die bereits vor 10 Jahren geführten Gespräche um die
Schulform. Für ihn sei die Oberschule nicht in die Zukunft gerichtet, da die
Anforderungen an Schule heutzutage höher seien. Es sei anmaßend, wenn nicht der
Elternwille erkundet werden würde. Auch er spricht sich insbesondere für die
Ermittlung der Rahmenbedingungen aus.
Der
Vorsitz ergeht an den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Kossendey.
Ausschussvorsitzender
Becker erklärt, dass er tendenziell die Beschlussempfehlungen der
Beratungsvorlage kumulativ sehe. Zusammenfassend gehe es in der Diskussion, ob
mehrheitlich die Einrichtung einer IGS gewünscht sei oder nicht. Ob die IGS
oder die Oberschule die beste oder bessere Schulform sei, sei einmal
dahingestellt. Die Gemeinde sei nun an den Punkt gekommen, wo die Ermittlung
der notwendigen rechtlichen, organisatorischen, räumlichen und finanziellen
Rahmenbedingungen unerlässlich sei, da diese entscheidenden Kriterien nicht
vorlägen. Einen alleinigen Bezug auf die nun vorliegenden Anmeldezahlen zum
neuen Schuljahr sei ihm zu wenig, um hier eine Entscheidung für oder gegen eine
IGS zu treffen. Den Zusammenhang zwischen Gewerbesteuereinnahmen und einem
Bildungsangebot könne er nicht teilen, da beispielhaft in der Vergangenheit
auch prognostiziert worden sei, dass sich junge Familien durch das fehlende
Schulangebot im Sek-II-Bereich nicht in Wiefelstede ansiedeln würden. Hier
frage er sich, weshalb die Gemeinde dann immer wieder Baugebiete ausweise.
Viele Fragen seien derzeit noch unbeantwortet, beispielhaft die dann notwendige
Schaffung von weiteren Klassenräumen und Sporteinrichtungen. Der
Betrachtungsfokus sei gegenwärtig immer auf die Schüler/-innen ausgerichtet,
die möglicherweise eine andere Schulform begrüßen würden. Er stellt sich die
Frage, was mit den Schülern/-innen sei, die gerade die Schulform Oberschule
begrüßen. Abschließend bittet er darum, die Oberschule Wiefelstede nicht zum
Wahlkampfthema auszubauen. Vielmehr sollten sachlich die Rahmenbedingungen
ermittelt und aufgezeigt werden, so dass er den beiden Beschlussempfehlungen
der Verwaltung zustimmen werde.
Der
Vorsitz ergeht wieder an Herrn Becker.
Hinzugewähltes
Mitglied Klages teilt zunächst mit, dass sie heute die Schulgemeinschaft zu
vertreten habe und zurzeit die Errichtung einer IGS für den falschen Schritt
halte. Welches die richtige Schulform für die Gemeinde sei, könne sie auch
nicht beantworten, da nicht allein die Schulform eine entscheidende Rolle
spiele. Insbesondere der Elternwille sei stetig zwingend zu erfragen. So würden
diese Erhebungen in regelmäßigen Abständen auch in der Oberschule stattfinden,
aus denen dann entsprechende Schulkonzepte unter Beteiligung der Schulgremien
entwickelt und umgesetzt würden. Insofern habe sich die Oberschule Wiefelstede
zum Schuljahr 2021/2022 evaluiert (Neuausrichtung/geänderte Unterrichtszeiten).
Frau Klages bittet darum, dieses anzuerkennen und zu respektieren. Gleichwohl
freue sie sich auf weitere Elternbefragungen und die Informationsbeschaffung.
Ausschussmitglied
Kuck blickt auf die letzte Schulausschusssitzung zurück und stellt fest, dass
die aktuell beschulten Schüler/-innen mit der Oberschule Wiefelstede zufrieden
seien. Dieses werde auch gar nicht in Frage gestellt. Vielmehr seien die
Beweggründe von Interesse, weshalb ein Großteil der Schüler/-innen eine
auswärtige Schule besuchen würde. Die Gemeinde müsse sich insbesondere beim
Schulsystem innovativer aufstellen.
Bürgermeister
Pieper stellt im weiteren Diskussionsverlauf fest, dass mehrheitlich die Ermittlungen der notwendigen
Rahmenbedingungen gewünscht würden. Eine Elternbefragung gehöre in diesem
Zusammenhang zur Grundlagenermittlung. Zudem sei eine Abstimmung bzw. eine Stellungnahme
der Schulbehörde unerlässlich.
Die
Ausschussmitglieder Schröder und Stolle erklären, dass der Antrag der
SPD-Fraktion bei Beauftragung der Verwaltung, die notwendigen rechtlichen,
organisatorischen, räumlichen und finanziellen Rahmenbedingungen in Anlehnung
an die Handreichungen des Kultusministeriums zu ermitteln und zur Beratung und
Beschlussfassung vorzulegen, zunächst ruhen könne.
Ausschussvorsitzender
Becker lässt zunächst über den Antrag der CDU-Fraktion abstimmen, das Wort
„aktuell“ der im Buchstaben a) der Beschlussempfehlung aus der von der
Verwaltung vorgelegten Beratungsvorlage zu streichen. Dieser Antrag wird mit 6
Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt.
Bei 8 Ja-Stimmen, 5
Nein-Stimmen und 1 Enthaltung ergeht die Beschlussempfehlung zu a) an den
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Wiefelstede. Die Beschlussempfehlung an den
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Wiefelstede zu b) ergeht mit 7 Ja-Stimmen,
5-Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen: